Kopf oder Herz?

Ich hab mir letztens eine Datingshow angesehen. Dabei hab ich bemerkt, dass das Ganze psychologisch doch sehr interessant ist und im Kleinen zeigt, warum in unserer Gesellschaft immer wieder Beziehungen in die Brüche gehen. Was mir besonders in Erinnerung geblieben ist: Immer wird davon gesprochen, ob jemand mit dem Kopf oder dem Herz dabei ist.

Ein Mädchen sagte (Namen geändert): Wäre ich nach meinem Herzen gegangen, hätte ich mich für Tom entscheiden müssen, aber der ist so unnahbar und meint es sicher nicht ernst. Deshalb bin ich nach meinem Kopf gegangen und habe mich für Ben entschieden, weil das bestimmt gesünder für mich ist. Leider fühle ich mich aber dennoch mehr zu Tom hingezogen, ich hätte nach meinem Herzen gehen sollen.

Hier stellt sich mir die Frage, ob eine solche Entscheidung wirklich eine zwischen dem Herzen und dem Kopf ist. Kann ein Herz bereits sprechen, wenn man eine Person lediglich ein paar Tage kennt. Der Kopf denkt immer mit, doch kommt das Herz nicht erst viel viel später ins Spiel? Das Herz öffnet sich für jemanden doch erst, wenn echtes Vertrauen gewachsen ist. Und das geschieht sogar in langjährigen Beziehungen nur, wenn sich beide darauf einlassen. Was meinen wir aber dann, wenn wir davon sprechen, ob wir den Kopf oder das Herz entscheiden lassen sollen?

Eine fatale Verwechslung

Das was wir als „Herz“ bezeichnen, ist in Wirklichkeit die Sehnsucht nach euphorischen Hochgefühlen. Wer schwebt nicht gerne für eine Weile auf Wolke7? Wer genießt nicht gerne das „High“ das durch einen anderen Menschen ausgelöst werden kann, besonders wenn er unnahbar ist. Es ist der Rausch, den wir uns alle herbei sehnen. In Wirklichkeit hat dies aber wenig mit dem Herzen zu tun.

Diese Verwechslung führt in unserer Gesellschaft leider zu dramatischen Folgen. Denn oft wenn die Hochgefühle mit dem Partner ausbleiben oder nur noch unregelmäßig auftauchen, gehen wir davon aus, dass unser Herz nicht mehr dabei ist. Doch eigentlich haben wir nie gelernt, wirklich mit dem Herzen zu lieben.

Gelebter Egoismus und wahre Liebe

Für mich ist das, was in unserer Gesellschaft als Liebe propagiert wird, eine besondere Form von Egoismus. So lange Du mich high machst, mich beflügelst, bin ich in dich „verliebt“! Aber wehe Dir, wenn Du nichts mehr in mir auslöst oder das gemeinsame Leben sich nicht mehr nur um den Rausch dreht!

In Wirklichkeit sollte es in der Liebe nicht darum gehen, ob mir ein anderer als Droge dient, sondern um die Person, die vor mir steht. Um deren Seele, um deren Charakter, um deren inneren Kern und, ob ich diesen wertschätze, achte und als besonders empfinde. Kann ich hinter all die Schichten eines Menschen sehen und berührt mich der wahre Kern? Und bin ich auch ohne Rausch bereit mit dieser Person an der Liebe zu arbeiten, bereit für gemeinsames Wachstum, sodass wir als Belohnung, Verliebtheit (und Rausch) immer wieder erfahren dürfen?

Am Ende entscheidet diese Frage, ob ein Paar eine liebevolle langjährige Zukunft zusammen hat.

Aber wie wird Liebe eigentlich in anderen Gesellschaften gedacht? Das ist, wie ich finde eine sehr interessante Frage! Viel hab ich noch nicht dazu gefunden, aber ich schau mir ganz gerne ab und zu auch weniger bekannte Datingshows aus anderen Ländern an. Zum Beispiel habe ich mir neulich die Show Indien Match Making angesehen. Auch wenn ich natürlich nicht für arrangierte Ehen plädiere, lieferte mir diese Show interessante Einblicke in eine andere Denkweise. Kennst Du noch weitere Filme oder Serien mit anderen kulturellen Sichtweisen zum Thema Liebe?

Foto Pixabay: Pixxl-Teufel/122